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Samstag, 9. April 2011

En Gedi – Die Wüste lebt!


Blick auf En Gedi von der F.S. aus
Oder besser ausgedrückt: Die Oase lebt! Wie bereits angekündigt folgt eine Beschreibung die mal nichts mit Politik zu tun hat, sondern sich einzig und allein auf die faszinierende Natur in Israel bezieht. En Gedi ist in vielerlei Hinsicht ein Ort der Superlative. Die Oase liegt in Israel am östlichen Rand der Judäischen Wüste, direkt am Rande des Toten Meeres und ist zugleich der tiefste Punkt der Erde, etwa 400m unter N.N. Trockenen Fußes geht es also nirgends mehr tiefer hinunter als ans Tote Meer, die Niederlande wirken dagegen geradezu wie eine semialpine Hochebene. Schon die Anfahrt ist meist beeindruckend. Ich kam am 08. September 2010 aus dem Norden Israels und nahm die Route über Jerusalem. Was nicht allen bewusst ist, Jerusalem liegt etwa 800m über dem Meeresspiegel. Folglich gilt es fast 1200 Höhenmeter bergab zu überwinden. Die Strecke führt schon direkt hinter Jerusalem in die Wüste, keine Wüste wie manch einer sie sich vielleicht vorstellt mit endlosen Sanddünen, eher eine Geröllwüste die mit Felsbrocken durchzogen ist. Die Straße schlängelt sich über Serpentinen hinab zum Toten Meer, alle hundert Höhenmeter machen Schilder und Steintafeln darauf aufmerksam wie hoch man noch ist, bzw. wie niedrig man schon ist. En Gedi selbst gliedert sich in zwei Naturschutzgebiete: Wadi David und Wadi Arugot. Vier Süßwasserquellen entspringen in und um En Gedi und sorgen an den Rändern der Bäche für eine üppige tropische Vegetation und reiche Tierwelt.

Ibexe an der Field School
Als ich an einem Spätnachmittag Anfang September vor der En Gedi Field School, die sich für den Naturschutz einsetzt und günstige Übernachtungsmöglichkeiten anbietet, dem Bus entstieg war ich zunächst mal schockiert von der Hitze, über 40 Grad sind Anfang September ganz normal, zum Glück war ich schon einige Zeit in Israel unterwegs und warme Temperaturen langsam gewohnt. Die En Gedi Field School liegt etwas oberhalb des Toten Meeres, der Aufstieg war, auch wegen meines schweren Rucksacks und der Hitze, recht schweißtreibend, man wird aber mit einem guten Ausblick belohnt. Auf der einen Seite kann man hinunter zum Toten Meer schauen, auf der anderen Seite liegt in einer flächenmäßig recht kleinen Mulde das Kibbutz En Gedi mit grünen Feldern und Palmenhainen, und man kann auf das grüne Wadi David hinterschauen, wo sich ein Bach seinen Weg bahnt und mitten in der Wüste für üppige tropische Vegetation sorgt. Hinter der Field School kann man den Hang hinauflaufen und ist in der Wüste. Als „Begrüßungskomitee“ gab sich eine Herde Ibex, die dortigen Wüstensteinböcke, die Ehre, die auf der bewässerten und daher grünen Wiese an der Field School graste und kaum Scheu zeigte. In der Theorie gibt es auch Hyänen, Wölfe und soagr Leoparden im Schutzgebiet, doch die sind mittlerweile so selten und zerstreut, dass sogar die Parkranger sie nur alle heilige Zeit mal zu Gesicht bekommen. Die Zeit in En Gedi sollte mit zur schönsten des gesamten Trips werden, mit 4 Nächten war es der Ort wo ich am längsten verweilte. Die Natur, der Kontrast zwischen der totalen Ödnis der Wüste und dem satten Grün im Wadi sind faszinierend. Aber was genau kann man nun machen?

Ein Klippschliefer
 Nach der ersten Nacht nahm ich mir zuerst das Wadi David vor, das praktischerweise direkt unter der En Gedi Field School beginnt. Die Tiere die mir dort zuerst auffielen sind die Klippschliefer. Der Klippschliefer ist ein reichlich seltsames Tier: Im Äußeren erinnert er an eine Mischung aus Kaninchen und Murmeltier, und auch wenn man es den putzigen kleinen Tierchen nicht ansieht: Sie sind mit Elefant und Seekuh verwandt! Sie leben in Gruppen und sind exzellente Kletterer. Als Nahrung dienen ihnen Pflanzen, alle Flüssigkeit die sie benötigen gewinnen sie aus ihrer Nahrung, sodass sie nie trinken müssen, was in der Wüste und in solch trockenen Gegenden durchaus praktisch ist. Diese Extravaganz konnte ich mir nicht leisten, schon nach wenigen ansteigenden Metern im Wadi klebte mir die Zunge an der Kehle und ich war froh, dass man mich, pedantisch wie bei einem Schulkind, kontrolliert und ermahnt hat immer genug Wasser mitzunehmen. Im Wadi an sich wird man wohl kaum verdursten wenn einen die Hitze nicht total gaga gemacht hat und die letzten Gehirnzellen sich verabschiedet haben, aber sollte man danach noch ein wenig in der Wüste wandern wollen ist Wasser wertvoll wie Gold. Der Pfad im Wadi David führt zunächst zu einem 185 Meter hohen Wasserfall, der, da die Israelis in der Namengebung anscheinend ähnlich bombastisch kreativ sind wie wir, David-Wasserfall heißt. Für die meisten Touristen ist dort auch Schluss, ich muss sagen zum Glück. Auf der ersten Teilstrecke ist man also noch oft umgeben von Touristen, darunter Leute die nur mit Flip-Flops und Badeklammotten durch die Hitze latschen, immerhin gibt es ab und zu etwas Schatten durch Bäume und Büsche.

David-Wasserfall
Am Wasserfall zücken alle ihre Kameras und knipsen drauflos, und ich wäre kein echter Tourist gewesen hätte ich nicht reflexartig das selbe getan. Doch man kann auch anders: Am Wasserfall führt ein steiler und steinger Weg den Hang hinauf, wo man nach einer guten halben Stunde Kraxelei in etwa die Höhe erreicht hat in der das Wasser in die Tiefe stürzt und der Weg von den kargen Hängen der Wüste wieder zum Wasser führt, welches immer umgeben ist von dichtem grün. Wie erwähnt, den meisten Leuten ist der Anstieg jedoch zu steil, zu anstrengend und überhaupt, warum da hochklettern wenn man auch unten Fotos machen und in kleinen Gumpen baden kann? Den Wasserfall mal von oben zu sehen ist eine spannende Sache, 185m über dem ganzen Trubel ist es angenehm ruhig, und mit jeder kleinen Biegung des Baches sieht man menschenleere Gumpen die zum baden einladen, oft mit hohem Schilf daneben welches auch noch etwas Schatten bietet. Auch ich konnte nach dem schweißtreibenden Anstieg nicht wiederstehen, es gibt nichts herrlicheres als im erstaunlich kühlen und klaren Quellwasser in einer Gumpe zu liegen, um einen herum gleisende Hitze und die kahlen Hänge der Wüste, nur direkt in Wassernähe etwas grün.

Im Wadi Arugot...
Auch den Wasserläufen in den engen Felsschluchten zu folgen ist eine spannende Sache. Einen Tag später war ich im benachbarten Wadi Arugot, das weithin als etwas weniger spektakulär gilt. Das sollte einen jedoch nicht abschrecken, „spektakulär“ ist allzuoft gleichgesetzt mit „touristenfreundlich“. Und ich bin ja nicht dorthin gefahren um mir Touristen anzusehen, sondern die Natur, und Natur ist, so zumindest meine Meinung, eigentlich immer spektakulär. Das Wadi Arugot ist breiter und länger, am Anfang fehlt das Wasser komplett und fließt unterirdisch, dann erst kommt der Bach zu Tage. Nun geht es ein ganzes Stück lang in dichter Vegetation über handtuchbreite Pfade und gut beschattet dahin, der Bach ist oft nicht auszumachen, manchmal ist die Vegetation so dicht, dass man ihn nur hört und es ist eher ein Bächlein, an schwimmen ist nur zu denken wo das Wasser über Felsen fließt und Mulden gegraben hat. Immer wieder wechselt der Pfad von der einen auf die andere Bachseite, kommen einem Menschen entgegen sieht man sie oft erst im letzten Moment, das grün ist dicht wie im Dschungel. Einige hundert Meter geht der Weg direkt durch den Bach, und dann ist auf einmal Ende! Trockenheit, kaum noch grün, das Wasser ist schon wieder weg. Der etwas ausdauerndere Wanderer hat nun die Möglichkeit einfach dem Tal weiter nach oben zu folgen und das sollte man aus einem Grund auch unbedingt tun: Man kann bis zur Quelle wandern. Nach einigen Kilometern ohne Bach, und mit wenig grün, ich wurde schon langsam nervös wann denn das Wasser wiederkehrt, denn wenn ich meiner Karte traute müsste das in Kürze der Fall sein, stieß ich wieder auf das vertraute gurgelnde Geräusch des Wassers. Letztendlich schaffte ich es bis zur Quelle, das Wasser, welches irgendwo weit entfernt als Regen fällt und versickert, wird durch die Felsformationen bis ans Tote Meer transportiert, wo es wieder zu Tage tritt. Genau dem entspricht auch das Bild der Quelle: Das Wasser tritt durch Sand und Kies in einer kleinen Felshöhle nach oben. Nachdem ich mein Ziel erreicht hatte genoß ich endlich das kühle Nass und schwamm eine Runde, und traf, zu meiner Verwunderung sogar auf einen Frosch, der auf sein nasses Habitat angewiesen war und ohne die nahe Quelle in der Hitze keine Überlebenschance gehabt hätte.
Kurz vor der Quelle
Das Tote Meer
Was natürlich bei einem Besuch am Toten Meer auf keinen Fall fehlen darf, ist in der salzigen Brühe mal zu schwimmen. Das ist ein wirklich besonderes Erlebnis, da das Wasser so extrem salzhaltig ist, dass man von selbst schwimmt ohne etwas tun zu müssen. Wie ein Stück Treibholz kann man vor sich hindümpeln und dabei sogar Zeitung lesen. Mit mir erreichte eine Gruppe Afrikaner, die offenbar Nichtschwimmer waren, den öffentlichen Strand. Die Skepsis, ja bisweilen pure Panik, stand den Menschen förmlich ins Gesicht geschrieben, als sich die ersten den Weg ins Meer bahnten. Der Guide, offensichtlich erfahrener Toter Meer Schwimmer, ging tapfer voran, und langsam folgten immer mehr. Wie kleine Kinder plantschten dann vollkommen erwachsene Menschen im Wasser, quieckten vor Freude und konnten es gar nicht fassen, dass sie nicht untergehen. Solche Erlebnisse hält wohl nur das Toten Meer bereit. Meer halte ich übrigens fast für übertrieben, auf der anderen Seite konnte man bereits die jordanische Küste sehen, aufgrund des hohen Salzgehalts gibt es aber (fast) keine Boote auf dem Meer, die machen es nicht lang und sind, drastisch ausgedrückt, in etwa fünf Minuten unter dem Hintern des Besitzers weggerostet. In der sirupartigen Brühe gibt es auch keine hohen Wellen, und da die wenigen Zuflüsse nicht genug Wasser liefern als durch die meist große Hitze verdunstet, wird das Wasser jedes Jahr weniger und salzhaltiger, wer dorthin zu reisen gedenkt, der halte sich ran, irgendwann ist das Tote Meer ein ausgetrocknteter Salzsee wie es sie in Südamerika zu Hauf gibt. 

Oben am David-Wasserfall
Auf jeden Fall ist es eine Reise wert, denn es kribbelt zwar überall etwas aufgrund des hohen Salzgehalts, soll aber auch gut für die Haut sein, und nicht umsonst gibt es viele Arten von Schlamm- und Salzpackungen. Leute, die offensichtlich von den sparsamen Schwaben oder geizigen Schotten abstammen müssen, und so etwas umsonst haben wollen gehen einfach an einen öffentlichen Strand am Toten Meer, schlammen sich dann genüsslich ein und laufen anschließend herum wie Moormonster, aber immerhin schützt der Schlamm effektiv vor Sonnenbrand. Eine echte Abkühlung ist das baden im Toten Meer allerdings nicht, das Wasser ist wirklich warm, was auch dazu beiträgt, dass es, untypisch für Wüstenklima, Nachts selten kälter als 25 Grad wird, zumindest im Sommer. Das Wasser speichert die Wärme und gibt sie Nachts dann an die Umgebung ab, was diese wiederum warm hält. Das Zimmer, welches ich in der En Gedi Field School bewohnte, hatte zum Glück eine Klimaanlage. Und wer je in heißen Ländern unterwegs war, der weiß: Klimaanlagen sind ein zweischneidiges Schwert. Echte Extremisten in Sachen Klimaanlagen sind die Amerikaner, kaum übersteigt die Außentemperatur 20 Gard werfen fast alle supermarktbetreiber ihre Klimaanlagen an. Wer in amerikanischen Supermärkten im Sommer einkaufen geht und sich nicht den Erfrierungstod holen will sollte Daunenjacke und Mütze immer dabei haben. Ganz so schizophren sind die Israelis zum Glück nicht. Ich hatte das Glück, dass ich in einem Mehrbettzimmer schlief, das ich, abgesehen von einer Nacht, für mich alleine hatte und welches über eine regelbare Klimaanlage verfügte. Am Anfang hatte es knapp über 20 Grad darin, und ich dachte mir, „das ist so kalt, das halte ich nicht aus“. Wenn es drauen über virzieg hat und man in einem Raum kommt der etwa 20 Grad kühler ist kommt einem das kalt vor, und kann bei den Temperaturunterschieden auch nicht gesund sein.Ich habe das Gerät dann solange nach oben geregelt, es also wärmer gemacht, bis bei 30 Grad Schluss war, wärmer ging es nicht mehr, schließlich ist so ein Teil ja eigentlich zum kühlen da. Ich war zufrieden, es war deutlich kühler als draußen, und ich habe mir keinen schnupfen geholt, auch wenn ich etwa in der Rezeption, die echt kühl war jedes mal fror wie ein Schneider. Paradoxerweise kann man sich also gerade im Wüstenklima leicht erkälten, wie viel Energie jedes Jahr mit zu extrem eingestellten Klimaanlagen verpulvert wird will ich gar nicht wissen! Aber das war ja auch nicht das Thema...
 
Abendstimmung
Insgesamt waren es also unglaublich interessante Tage in En Gedi, die Mischung aus entspanntem herumdümpeln im Toten Meer, Wanderungen in den Wadis und der Wüste, die Mischung aus steiniger Kargheit und der subtropischen Vegetation und reichen Tierwelt waren absolut faszinierend, ich kann es nur jedem, der das Land bereisen will ans Herz legen in En Gedi vorbeizuschauen!



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