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Sonntag, 19. Juni 2011
Lago di Como – ein bisschen Bourgeoisie für Jedermann
Como
Im Schatten der Rhätischen Alpen liegt der Comer See, mit seiner markanten y-Form. Jeder der sich mal mit den Schönen, den Reichen und den ganz schön Reichen auf Augenhöhe sehen will, dem sei ein Besuch Como’s oder anderer Ortschaften rund um den See empfohlen. Doch trotz relativ hoher Preise und einiger Snobs, die sofort als solche zu erkennen sind, hat der See dennoch seine idyllischen Seiten nicht verloren und man kann auch als budget-Tourist seine Zeit dort genießen. Wem Bellagio zu teuer ist, der Ort nach dem das berühmte Bellagio Casino in Las Vegas benannt wurde, dem sei Como an’s Herz gelegt, die größte Ortschaft am Seeufer. Ich kam an einem Samstag nach Como, und hatte, da ich mal wieder vergessen hatte frühzeitig zu planen, erstmal das Vergnügen nach einer bezahlbaren Unterkunft zu suchen. An einem Wochenende Mitte März ist das gar nicht so leicht wenn man nicht einfach irgendeine Unterkunft nehmen kann weil man die goldene Kreditkarte gerade nicht zur Hand hat. Nach einigem Suchen gelang es mir aber etwas zu finden, wo mich der Preis nicht Herzinfarkten und Schweißausbrüchen näher brachte.
Es wird Frühling..
Oberhalb des Sees
Como ist ein wirklich elegantes und schickes Städtchen und da es sich um ein Wochenende handelte war auch einiges unterwegs. Was auch immer das Herz begehrt, in Como kann man es kaufen sofern man das nötige Kleingeld dazu hat, alle teuren und berühmten Marken sind vertreten. Immer wieder kamen mir Leute entgegen, denen man ihr Geld ansah, oder förmlich anroch. Ältere Damen in schweren Pelzmänteln die rochen als hätten sie in Parfüm gebadet, Menschen mit diesen winzigen Hunden die kaum größer sind als Ratten und bei denen man immer aufpassen muss, dass man sie nicht übersieht und aus Versehen platt tritt, und an der Uferpromenade Autos die sicherlich nicht das Prädikat ‚Mittelklassewagen’ verdienen. Das soll aber nicht negativer klingen als es ist, man muss eben nur damit rechnen, dass einen derlei Menschen ab und an über den Weg laufen, wer dabei „Möchtegern“ und wer wirklich sehr wohlhabend ist lässt sich anhand von Äußerlichkeiten wohl ohnehin nicht immer sicher bestimmen. Die Altstadt mit ihren bunten Fassaden, malerischen Gassen und schönen Plätzen ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Wer genug gelaufen ist kann sich zum Seeufer zu einer Bootsfahrt begeben und die umliegenden Hügel vom Wasser aus bestaunen oder sich in eines der zahlreichen Cafes und Restaurants setzen.
Die Seilbahn nach Brunate
Nach einer Nacht in Como wollte ich an einem Sonntag, dem 20. März 2011, die Umgebung oberhalb des Sees erkunden. Dafür bietet sich die Standseilbahn an, die Como am Seeufer mit dem 720 m hoch gelegenen Brunate verbindet. Der Vorteil des Ganzen ist natürlich, dass man sich den mühsamen Aufstieg spart und nach ein paar Minuten Fahrt eine herrliche Aussicht auf den See und Como hat. Mit dieser Standseilbahn, die 1894 erbaut wurde, dauert es nur sieben Minuten um von Seehöhe in das beschauliche Dorf Brunate zu gelangen. Dort oben ist alles viel entschleunigter als unten, auch Touristen sind wesentlich seltener zu sehen. Von Brunate aus führt ein Weg weiter den Berg hinauf zu einem Aussichtspunkt auf kanpp 1000 m. Ich hatte zum Glück einen sonnigen Tag erwischt, die ersten Blumen blühten am Wegesrand und trotz einiger Wolken war der Blick auf den See fantastisch. Auch dort oben scheint der Lebensstandard nicht der niedrigste zu sein, es gibt eine Menge Villen mit Blick auf den See. Nachdem ich ausgiebig die Aussicht genoßen hatte machte ich mich wieder auf den Weg hinunter zum See, diesmal zu Fuß. Unterhalb von Brunate schlängelt sich ein schmaler Pfad durch ein Waldstück hinunter nach Como und kreuzt dabei immer wieder die Trasse der Seilbahn. Warum nicht mehr Leute diesen Weg nutzen, vor allem bergab, ist mir ein Rätsel. Das Gefälle ist angenehm, die Sicht grandios und das Wetter spielte auch mit, gegen Nachmittag wurde es mit jeder Minute sonniger und wärmer. Die einzige Person die mir begegnete war eine äußerst korpulente Frau, die dort anscheinend lebte und sich schwer keuchend den Berg hochschleppte. Ich fürchtete schon, dass sie jeden Meter kollabiert und ich dann die zweifelhafte Ehre habe sie zu reanimieren, aber sie schien den Weg und seine Herausforderungen zu kennen und arbeite sich zielstrebig in Zeitlupentempo den Berg hinauf, mich nur eines kurzen missbilligenden Blickes würdigend schlurfte sie vorbei, ich hatte es ja auch einfacher, ich lief bergab.
Como
Der Weg hinunter zum See
Weiter unten, dennoch mit gutem Blick auf Como, den See und die Seilbahn setzte ich mich in die warme Frühlingssonne und genoß den Ausblick und das herrliche Wetter. Nach zwei Wochen quer durch Italien war es ein gelungener Abschluss der Reise, am nächsten Tag sollte es wieder Richtung Heimat gehen. Auf dem restlichen Weg nach Como huschten immer wieder Eidechsen über den Weg die endlich wieder die wärmende Sonne nach einem langen Winter ausnutzen konnten. Am Abend hielt ich mich noch lange am Seeufer auf und bestaunte teure Autos und herausgeputzte Leute, die den sonnigen Nachmittag zu einer Promenade am See nutzten oder wie ich als Touristen in Como waren. Auch nach Sonnenuntergang pulsierte noch das Leben in den Gassen und am Ufer, insgesamt ein angenehmer Abschluss einer interessanten und kurzweiligen Italienreise, auch wenn sie mich wohl nicht so inspirierte wie seinerzeit Goethe, aber ich bin ja auch nicht auf dem Weg ein berühmter Schriftsteller zu werden.
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