Auch dieses Wochenende war ich
wieder unterwegs, diesmal in Baalbek in der Bekaa Ebene im Osten des Libanon,
nahe der Grenze zu Syrien. Unterwegs war ich mit Freunden, mit Regina, einer
Österreicherin und Samer, einem Libanesen, mit denen ich schon in Beirut öfters
unterwegs war, und Freunden von Freunden bzw. Leuten, die (wie ich) auch
couchsurfer sind und für Touren Anschluss gesucht haben. Zudem waren noch fünf
weitere Deutsche dabei die Regina kannte und die gerade zu Besuch sind in
Beirut. Dazu kamen noch zwei Amis, die für eine örtliche NGO arbeiten die sich
mit landwirtschaftlichen Projekten beschäftigt, sowie eine Irakerin und eine
Belgierin die mit Regina studieren. Letztlich waren wir also ganze zwölf Leute,
eine sehr internationale Gruppe und ich muss sagen, dass man hier echt
interessante Menschen kennenlernt, aus allen Teilen der Erde mit den
verschiedensten backgrounds und Erfahrungen. Es war wirklich eine
unterhaltsame, lustige und sehr interessante Tour, vielleicht die beste die ich
hier bisher gemacht habe (wobei ich mir das eigentlich jede Woche von Neuem denke).
Wir trafen uns um neun Uhr, wobei
wir erst mal eine halbe Stunde warten mussten, weil natürlich (außer den
Deutschen;) fast niemand pünktlich war. Dann ging es zunächst mit einem Minibus
zum Busbahnhof, wo Samer dann souverän einen Minibus für die Weiterfahrt organisiert
hat, der uns nach Baalbek brachte, mit zwölf Personen war der kleine Bus dann
ohnehin voll. Baalbek liegt ein ganzes Stück weg, so etwa hundert Kilometer,
was im Libanon nicht gerade eine kurze Distanz ist. Zudem musste sich der Bus
erstmal die Berge des Libanongebirges bis auf etwa 1500 m Höhe hinter Beirut
hochkämpfen und auch die Straßenverhältnisse waren nicht immer ideal. Nach der
Bergkette ging es dann bergab und anschließend relativ zügig in der Bekaa-Ebene
flach voran, nur ab und zu wurde man durch die obligatorischen Straßensperren
und Checkpoints der Armee kurz aufgehalten. Um 12 Uhr waren wir dann aber
schließlich da, und haben für die Fahrt nur 6000LL (etwa 3 Euro) gezahlt, was
schon sensationell günstig ist, für den Preis kriegt man bei uns in etwa einen
Einzelfahrschein für den Bus. Nach kurzem Verschnaufen ging es dann zum
eigentlichen Ziel, den wichtigsten römischen Ruinen im ganzen Nahen Osten, und
sicherlich auch den eindrucksvollsten. Die römischen Tempel dort wurden in
einer enormen Größe errichtet die alles in Rom in den Schatten stellt.
Der Komplex war ursprünglich von
den Phöniziern errichtet worden und die Geschichte dort kann bis etwa 3000 vor
Christus zurückverfolgt werden. Etwa 1000 vor Christus wurde ein Tempel für den
Gott Baal errichtet, von dem die Stadt auch ihren Namen hat. Die Stadt erlangte
ihre Bedeutung durch ihre ideale strategische Lage in der Nähe von Quellen und
als Knotenpunkt der Ost-West und Nord-Süd Handelsrouten die hier vorbeiführten.
Die Phönizier opferten ihren Göttern in den Tempeln Tiere und andere Gaben um
sich deren Wohlwollen und Gnade zu sichern. Nach der Eroberung durch Alexander
dem Großen wurde die Stadt zu Heliopolis (Stadt der Sonne), ein Name der später
von den Römern beibehalten wurde, die die Stadt 64 vor Christus eroberten. Die
Römer erbauten dann auch die beeindruckendsten und größten Tempelanlagen die
die Geschichte je gesehen hat, schon wenn man an liegenden Säulen vorbeiläuft
deren Durchmesser mit zwei Metern größer ist als man selbst kann man erahnen,
was es für eine Arbeit gewesen sein muss, das alles zu errichten. Es wird dann
auch geschätzt, dass etwa 100.000 Sklaven an der Anlage bauten im Laufe der
Zeit. In der Neuzeit war es übrigens erst nach dem Besuch des deutschen Kaisers
Wilhelm II der 1898 dort vorbeikam, dass Baalbek wieder in den Fokus der
Archäologen rückte und in den Jahren danach waren es hauptsächlich deutsche
Wissenschaftler die dort Ausgrabungen und Restaurierungen leiteten, was sich
erst nach dem ersten Weltkrieg änderte als das Gebiet unter französischen
Einfluss geriet.
Auch Portraits von Assad findet man noch in den Straßen... |
Wir leisteten uns zunächst einen
Guide und schauten uns dann anschließend noch so auf dem Gelände um, was
wirklich ziemlich leer war, angenehmerweise waren kaum Touristen dort, die wohl
hauptsächlich in den Sommermonaten kommen. Leider war es etwas verhangen und
wurde natürlich genau dann sonnig, als wir gegen drei Uhr die Stätten verlassen
hatten. In Baalbek merkt man sofort, dass dort kulturell ein anderer Wind weht
als in Beirut, ist es doch traditionell eine Hochburg der Hisbollah, der
„Partei Gottes“. Gerade in strukturschwachen Gegenden wie der östlichen Bekaa
hat die Hisbollah einen großen Einfluss, politisch, religiös aber auch bezogen
auf Infrastruktur und Sozialleistungen. In einer Gegend die vom Staat
weitgehend vernachlässigt wird hat die Partei dort Schulen und sogar
Krankenhäuser errichtet, kümmert sich um Müllentsorgung und Versorgung mit
Trinkwasser, unterstützt verarmte lokale Bauern und bietet sogar vereinzelt
Sozialleistungen an, vor allem für Familien von „Märtyrern“ die im Kampf
gefallen sind. Das Bild der Hisbollah dort entspricht also nicht dem der bis an
die Zähne bewaffneten Terrororganisation sondern ist, zumindest für die lokale
Bevölkerung, ein komplett anderes. Das erklärt vielleicht auch, warum die
Hisbollah dort ihre loyalsten Anhänger hat und auf ihre Mitglieder zählen kann.
Die Region ist jedenfalls sehr konservativ und auch im Stadtbild, das überall
mit den grünen Flaggen der Hisbollah geschmückt ist, wird einem dies schnell
bewusst. Nach der Besichtigung der römischen Stätten gingen wir noch etwas
essen, wobei wir eine große Tafel libanesisches Essen bestellten und das Ganze
dann teilten, sodass man von allem mal probieren konnte. Danach gab es noch
Chai und Sisha, insgesamt wirklich ein köstliches Essen und ein wirklich
perfekter Tag, denn auch bei der Rückfahrt hatten wir Glück, genau als wir
gegen 18 Uhr loswollten kam direkt ein Bus, und um 8 Uhr waren wir wieder
zurück in Beirut. Insgesamt mal wieder eine rundum gelungene Tour und viel neue
Erfahrungen und Eindrücke, zwischenmenschlich wie kulturell.
Moschee in Baalbek |
In diesem Sinne, Servus aus Beirut!
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