In diesem Post sehe ich mich
gezwungen zu erklären, wie es zu der dynamischen Umgestaltung meines Vornamens
kam, da dieser zum Opfer unbeherrschter Spöttereien wurde. Denn auch wenn man
es nicht denken sollte, habe ich den Namen nicht primär geändert, weil ich zu
diesen egozentrischen Egomanen gehöre, die so restlos von sich selbst überzeugt
sind, dass sie gar nicht anders können als ihren Vornamen dynamischer zu
gestalten. Wie es das Leben so will, bin ich nicht mal selbst auf die Idee
gekommen, mir diesen Namen zu verpassen. Im Folgenden folgt die Geschichte wie
es dazu kam. Ich werde versuchen mich kurz zu fassen, kann aber jetzt schon
absehen, da ich nicht gut darin bin mich kurz zu fassen, dass es mir nicht
gelingen wird, mich kurz zu fassen.
Es war im September 2011 und ich
war in Norwegen unterwegs. Eigentlich wollte ich auf die Lofoten, eine
Inselkette in Nordnorwegen, hatte jedoch am Nachmittag knapp die letzte Fähre
des Tages verpasst, die noch dazu auch die erste Fähre des Tages war, da sie
einfach die einzige Fähre des Tages war. Im September ist die Hauptsaison schon
zu Ende und der Norweger ist emotional schon voll auf den Winter und lange
Dunkelheit eingestellt, was aber an dieser Stelle gar nichts zur Sache tut. Ich
war jedenfalls gezwungen auf dem Festland zu übernachten und wollte mein
Fährglück am nächsten Tag erneut versuchen. Am nächsten Tag also, es war immer
noch September 2011, und dieser Fakt ist für die Geschichte fast ebenso
unerheblich wie die Erwähnung des mentalen Zustands des Norwegers zu diesem Zeitpunkt,
konnte ich dann jedenfalls am Nachmittag die Fähre nehmen, die mich auf die
Lofoten bringen sollte. Voller Elan spazierte ich an Bord, auch wenn ich ein
wenig fürchtete, bei rauher See seekrank zu werden. Dem war aber nicht so und
so verließ ich die Fähre gegen 20 Uhr wieder, bei typisch norwegischem Wetter.
Typisch norwegisch heißt, dass es regnete als stünde der Weltuntergang
unmittelbar bevor. Wie wir heute wissen, ist die Welt nicht untergegangen,
sondern dreht sich weiter sinnlos vor sich hin, aber damals hätte ich keinen
Finger oder Kopf verwettet um auf die Zukunft der Erde zu setzen, höchsten so
etwas sinnloses wie einen Blinddarm. Der Regen wird auch im weiteren Verlauf
dieser Geschichte eine tragende Säule meiner Erzählung sein und ist von eminenter
Bedeutung.
Blick aus der Fähre: Regen! |
Vor dem Fähranleger stand ein
Amerikaner, der mir bereits auf der Fähre aufgefallen war, da er, in meinen
Augen, so überaus unzulänglich gekleidet war. Er trug eine Jeans, ein kurzes
Hemd und darüber nur eine ärmellose Weste, auf seinem Kopf trug er einen Hut,
der einem Cowboyhut ähnelte. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich allerdings über die
Nationalität des Mannes noch nicht Bescheid, vermutete aber schon, dass nur
Amerikaner die nötige Ignoranz haben sich dermaßen schlecht vorzubereiten. No
offense! Jedenfalls wirkte der Gute reichlich
orientierungslos, wie er da im strömenden Regen stand, auf die wenigen
Wegweiser starrte und mit der einen Hand versuchte seinen Schirm zu bändigen
und mit der anderen seinen Hut festhielt; es war nämlich nicht nur regnerisch,
sondern auch noch windig, eine Eigenschaft die ich bei der Beschreibung des
typisch norwegischen Wetters eben vergas. Als ich gerade an ihm vorbeilaufen
wollte, fragte er mich auf Englisch, wo ich hinwollte, wie weit das sei, und ob
man da übernachten könne.
Ich antwortete, dass ich in den
nächsten Ort wolle, dass ich nicht sicher wäre wie weit das sei, aber bestimmt
fünf Kilometer, und das ich vorhätte dort in der Jugendherberge zu übernachten.
Er zögerte kurz, schien aber keinen besseren Plan zu haben, und fragte, ob er
sich mir anschließen könnte. Ich sagte „of course“ und so liefen wir los in
Richtung A. Ja, der Ort heißt wirklich nur A, eigentlich muss da oben noch so
ein Kreis drauf und es wird eher wie ein kehliges O gesprochen, aber wie man
den Kreis auf das A kriegt weiß ich nicht, und es ist für die Geschichte auch
mal wieder vollkommen irrelevant. Auf dem ersten Kilometer unterhielten wir uns noch ein
wenig, ich erzählte die wichtigsten Dinge von mir, wie man sich eben einem
Reisegefährten den man bei strömendem Regen am Abend auf einer norwegischen
Insel trifft, vorstellt, und erfuhr von ihm, dass er Amerikaner sei aber in
Japan an einer Uni als Sprachdozent unterrichtete. Kann auch sein, dass ich das
letztere erst später am Abend erfuhr, denn eigentlich wollte ich nur schnell
raus aus dem Regen. Deswegen legte ich auch ein ordentliches Tempo vor, und
befürchtet schon, andere Reisen auf diesem Globus hatten mich merken lassen,
dass viele Amerikaner nicht eben das sind was man allgemein als fit bezeichnet,
dass meine neue Bekanntschaft dem Tempo nicht folgen würde können. Aber Eric,
das war nämlich sein Name, erwies sich als guter Läufer und so wechselten wir
uns im Tempo machen ab, mal lief er vorne, mal ich, und es war fast als wären
wir schon hunderte Male zusammen durch die Dunkelheit gewandert.
Wer vorauslief hatte immer den
Wind im Gesicht und auch den Regen, und ich hätte nicht gerne mit Eric
getauscht, der Schirm half nicht viel und der Regen schien von allen Seiten zu
kommen, da hatte ich mit Regenjacke und Regenhose schon deutliche Vorteile, und
man kann über den Preis der Hose sagen was man will, das durchschnittliche
Jahresgehalt eines Maschinenmechatronikers in einer mittleren Industrienation
für eine Hose auszugeben hatte sich gelohnt, Regenhosen können sie bauen die
Norweger, das Ding war tatsächlich dicht! Die Orientierung war trotz der
dunkler werdenden Dunkelheit kein großes Problem, es gab nur eine Straße die an
der Küste entlangführte, von der einen Bucht in die nächste und nur ab und zu
wurde das monotone Prasseln des Regens und die Wellen, die man vom nahen Meer
hörte, von einem vorüberfahrenden Auto unterbrochen, die alle eine
Wasserfontäne aufwirbelten. Je weiter wir jedoch liefen ohne an eine
menschliche Siedlung zu kommen, desto unsicherer wurde ich, ob wir richtig
waren, und auch wenn es eigentlich keinen anderen Weg gab, hatte ich Zweifel
und war vor allem nicht erpicht darauf, noch ewig durch den Regen und die
Dunkelheit zu latschen.
Die einzigen "Monster": Die Köpfe von Stockfischen. |
Unsere okkupierte Hütte, aufgenommen am nächsten Morgen. |
Nicht das Ritz, aber besser als Regen und Dunkelheit draußen. |
Sie war aber immer noch verschlossen, wie am Vorabend. Jetzt, bei Helligkeit, fiel mir aber etwas
auf, was wir bei Dunkelheit übersehen hatten. In einiger Entfernung vom Eingang
führte eine frei stehende Treppe nach oben, direkt unter das Dach des rot
gestrichenen Holzhauses, und dort oben war die Tür tatsächlich offen! Ich ging
hinein um mich umzusehen, und sah erst mal gar nichts, es war nämlich
stockfinster. Minutenlang suchte ich nach einem Lichtschalter und gab
schließlich frustriert auf, kramte meine headlight aus meinem Rucksack und ging
erneut hinein. Vor mir lag ein langer Gang, zur rechten und zur linken gingen
jeweils Türen weg. Hinter der ersten verbarg sich eine kleine Küche, und hinter
der nächsten ein Raum mit mehreren Betten. Langsam dämmerte es mir, dass es
sich dabei offenbar um die Jugendherberge handeln musste, wir waren also am
Vorabend wie die zwei letzten Dorftrottel direkt darunter gestanden und hatten
es nicht gemerkt, geschweige denn überhaupt geahnt, dass man hoch musste. Dem
Ziel so nahe und doch so fern. Jedenfalls quartierte ich mich dann dort ein,
ich war der einzige Gast, und am Nachmittag kam sogar eine Frau vorbei um nach
dem Rechten zu sehen und natürlich auch, damit ich bezahlte. Die Episode von
der Nacht im Ferienhaus erzählte ich ihr nicht, ich war nicht sicher, ob sie
das eher amüsieren oder ärgern würde und hielt es daher für klüger, einfach zu
behaupten die Jugendherberge zu finden sei gar kein Problem gewesen. Aber ich
wollte ja das mit dem Namen loswerden...
Auch bei der Rückfahrt war das Wetter nur semigut... |
Ohhhh <3<3 ein mir gewidmeter Post!! :)<3 (Deine Beweggründe ignorier ich grad mal;)
AntwortenLöschenAlso Fabulous, erstmal verbitte ich mir die Bezeichnung 'unbeherrschte Spöttereien'. Es war nur eine beherrschte(!) Spötterei, die ich aber sogleich entkräftet habe mit der anschließenden Aussage, dass du 'Fabulous' im zweideutigen Sinne bist. Also wars genau genommen gar keine Spötterei sondern nur eine deinerseits mundgerecht vorgelegt Möglichkeit mich wichtig zu machen, die ich natürlich sofort ergriff. Genauso liebe ich auch gerade diese Möglichkeit hier mich wichtig zu machen, weißt du. Dadurch, dass du so ein Aufheben machst, herrlich.. ;)
Meiner Meinung nach verdienst du den Namen gerade wegen dem Können aus einer Gegebenheit, dessen Kernaussage man in einem Satz zusammenfassen kann, einen Roman zu schreiben, der hauptsächlich aus Erklärungen besteht, dass man sich nicht kurz fassen kann. Herzlichen Glückwunsch!! :) (Auf die Blödheit es hinzubekommen den eigentlichen Eingang der Jugendherberge nicht zu finden, gehe ich nicht weiter ein, da die Chancen recht gut stünden, dass mir das gleiche passiert wär, ja gut, sie stünden verdammt gut!) :D
Gut Fabulous, wenn ein 'ignoranter Amerikaner mit Cowboyhut' auf die Idee kommt dich so zu nennen, dann wird da schon was dran sein, das muss selbst ich einsehn.
Beste Grüße aus dem verregneten Norden!